Einbringung von Großbehältern in Forschungsanlage: Engineering für technische Sonderlösung

Eine Frage der technischen Machbarkeit: Es gibt Projekte, bei denen herkömmliche Techniken für Einbringung und Montage nicht funktionieren. Am Forschungszentrum GSI/FAIR in Darmstadt sollten zwei große kryotechnische Behälter in die Anlage eines Schwerionenbeschleunigers eingebracht werden. Als Problem erwies sich dabei die Kombination der schmalen Hallengeometrie und der geplanten Behälterstandorte. Die komplizierte Aufgabe konnte schließlich vom erfahrenen SCHOLPP Engineering-Team gelöst werden.

Das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt betreibt eine weltweit einmalige Beschleunigeranlage für Ionen. Forschende aus aller Welt nutzen die Anlage für Experimente, um neue Erkenntnisse über den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums zu gewinnen. Darüber hinaus entwickeln sie neuartige Anwendungen in Medizin und Technik.

Derzeit entsteht ein weiterer Forschungskomplex, die internationale Beschleunigeranlage FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research). Im SIS100-Ringbeschleuniger werden in Zukunft Ionen auf bis zu 99% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Um die Teilchen auf ihren Bahnen zu lenken, sind starke Magnetfelder nötig, die nur durch Supraleitung zu erreichen sind: Mit extremen Tiefsttemperaturen kann der elektrische Widerstand in Materialen nahezu verschwinden, so dass hohe elektrische Ströme in den Elektromagneten fließen können.

Einbringung mit herkömmlicher Technik zunächst nicht machbar

Zu dieser Technologie gehört die sogenannte „Cold Box“, ein fast 19 Meter langer und über 4,70 Meter hoher Stahltank mit einem Gewicht von 85 Tonnen. Dies ist das Herzstück der Kryogenik-Anlage, hergestellt von Linde Engineering, die zur Kühlung und Verflüssigung von Helium eingesetzt wird. Dieser und ein weiterer kleiner Behälter (L 8,75 m x H 3,56 m) sollten in ein Gebäude auf dem FAIR-Gelände eingebracht werden.

Die Firma Lautec aus Philippsburg wurde mit der Installation beauftragt. Geplant war, beide Behälter mit Autokran zu entladen und in der Halle mit einem weiteren Autokran zu positionieren. Vorab sollte die Machbarkeit des Vorhabens geprüft werden. Dafür zog Lautec die technische Expertise von SCHOLPP hinzu.

Technische Lösung mit dem Engineering von SCHOLPP

Diese Aufgabe war wie geschaffen für Klaus Engel vom SCHOLPP-Standort Dietzenbach bei Frankfurt/M. Der Diplom-Ingenieur für Maschinenbau arbeitet seit 27 Jahren bei SCHOLPP und ist Bereichsleiter für Industrie. Er verantwortet u.a. das Engineering für technisch anspruchsvolle Montagelösungen. „Der Vorteil war, dass ich bereits zuvor auf dem FAIR-Gelände tätig gewesen bin. Ich hatte den Auftrag, Engineering und Beratung zu Einbringungs- und Montagekonzepten von technischen Anlagen durchzuführen. Das ist im Falle des FAIR-Geländes äußerst anspruchsvoll, da sich viele Anlagen unterirdisch befinden“, berichtet Klaus Engel.

Bei der Begehung vor Ort stellte sich schnell heraus, dass es nicht möglich sein würde, wie angedacht die Autokrane in das Gebäude zu stellen. „Dafür waren die Krane zu groß in Bezug auf die mögliche Aufstellfläche und zu hoch in Bezug auf die Gebäudehöhe“, erläutert Engel. Eines war damit klar: Jetzt würde nur ein detailliertes Engineering zu einer machbaren und sicheren Einbringungslösung führen.

Kran- und Hubgerüststellung in der Halle unmöglich

Als nächstes wurde erörtert, ob das Stellen eines Hubgerüstetes möglich ist, mit dem die Behälter vom Schwertransport entladen und in der Halle positioniert werden könnten. Doch nach Aufmaß und Berechnungen stellte Klaus Engel auch hier fest, dass kein Stellen und Ausfahren des Hubgerüstes möglich sein würde. Gründe dafür waren die bereits an den Wänden angebrachten Rohrleitungsinstallationen sowie der zu geringe Abstand zwischen der Gebäudewand und dem vorgesehenen Behälterstellplatz. „Damit waren alle relativ einfachen Optionen vom Tisch“, resümiert Klaus Engel. Wie würde eine machbare Lösung aussehen?

Technisches Konzept und Zertifizierung für anspruchsvolle Umgebungen

Für das technische Konzept und den logistischen Ablaufplan, wie die Behälter sicher entladen und exakt positioniert werden können, gehörten ein detailliertes Aufmaß und eine technische Dokumentation, diverse Bodenlastberechnungen und Ablaufpläne zum Einbringen und Heben/Senken. „Beachtet werden mussten im Lösungskonzept auch die besonderen sicherheitstechnischen Anforderungen auf dem FAIR-Gelände“, so betont Engel.

Die bautechnische Umgebung mit Gebäuden, Rohrleitungen, Kabelsystemen und technischen Einrichtungen ist äußerst komplex. SCHOLPP ist für solche hohen Anforderungen SCC zertifiziert und hat langjährige Erfahrungen mit dem Einbringen von Komponenten in Hochtechnologieanlagen, z.B. auch in der Medizintechnik.

Nachdem Klaus Engel mit seinem Team alle Daten und Berechnungen zusammengetragen hatte, zeichnete sich eine dritte Lösungsmöglichkeit ab. Im 1. Schritt die Behälter auf einem Schwertransport-Lkw mit höhenverstellbarer Kesselbrücke in die Halle einfahren, im 2. Schritt die Behälter auf Selbstfahrmodule mit geringer Bauhöhe umsetzen und Kesselbrücke demontieren und ausfahren, im 3. Schritt die Behälter mittels hydraulischer Heber vom Selbstfahrer aufnehmen und schrittweise absenken sowie ausrichten.

Exakte Umsetzung: Projektleitung durch SCHOLPP

Klingt auf dem Papier einfach, erforderte aber viele Zwischenschritte und von allen Beteiligten jede Menge Konzentration. Damit das Projekt nach den Vorgaben genau umgesetzt wurde, schickte Klaus Engel seinen erfahrenen Teamkollegen Marcus Schütz auf die Baustelle nach Darmstadt. Er übernahm die Projektleitung vor Ort, vor allem die Überwachung des Ablaufes, die Abstimmung und Koordination der Partner sowie die Terminierung der Anlieferung.

Genau diese Aufgaben sind das tägliche Geschäft von Marcus Schütz. Der gelernte Bauschlosser arbeitet seit 1999 bei SCHOLPP, war zunächst in der Materialwirtschaft und ab 2013 in der Regionalmontage tätig. „Ich kenne komplizierte Montageabläufe und spezielles Equipment aus der Praxis vieler erfolgreicher Projekte“, sagt Marcus Schütz. Seit Anfang 2022 ist er Projektleiter im Team von Klaus Engel.

„Zunächst wurde die ursprüngliche Anlieferungsreihenfolge umgestellt“, erklärt Schütz, „statt des großen wurde nun als erstes der kleine Behälter geliefert und eingebracht. Im Außengelände wurde der Behälter mit dem Autokran auf ein Schwerlast-Selbstfahrmodul umgeladen und eingebracht. „Hierzu wählten wir einen SEFIRO SMPT mit sehr niedriger Bauart wegen der Einfahrhöhe. Außerdem ist dieser Typ sehr flexibel steuerbar“, so Schütz weiter.

Aufwändige Fahrmanöver und geringer Platz

Letzteres war unbedingt notwendig, denn auf seinem Weg zum Standplatz musste der Behälter einen 12 Meter tiefen Funktionsschacht präzise umfahren. „Viel Platz war dafür in der Halle nicht“, erinnert sich Marcus Schütz. Hätte man zuerst – wie ursprünglich gedacht - den großen Behälter positioniert, wäre ein Umfahren dieses Funktionsschachtes mit dem kleinen Behälter aus Platzgründen nicht mehr möglich gewesen.

Am Folgetag wurde der große Behälter auf einem Spezialtransport mit Kesselbrücke angeliefert. Dieser fuhr direkt in die Halle ein. Dazu musste der Fahrer mehrere Versuche unternehmen, da auf dem Gelände vor der Halle wenig Platz zum Manövrieren zur Verfügung stand. Auch das Hallentor war in Bezug auf die Transportbreite relativ schmal. „Als der Schwertransport in der Halle stand, hoben wir die Kesselbrücke mit dem Behälter nach oben, und zwar so weit, dass zwei gekoppelte Selbstfahrer seitlich darunter platziert werden konnten“, erläutert Marcus Schütz.

Mit der folgenden Absenkung der Kesselbrücke wurde der Behälter mit seinem ganzen Gewicht auf den beiden Selbstfahrern abgesetzt. Die Kesselbrücke konnte dann demontiert werden, sodass die Selbstfahrer seitlich ausweichen und der Schwertransport aus der Halle ausfahren konnten. Schließlich brachten die Monteure den 85-Tonnen-Koloss mit dem Selbstfahrer exakt auf seinen Standplatz. Mittels hydraulischer Heber wurde der Behälter erneut angehoben, so dass der SEFIRO SMPT ausfahren konnte. Schrittweise erfolgte nun das Absenken und Ausrichten.

Erfolgsfaktoren: Große Erfahrung und detailliertes Engineering

Erfahrung und Engineering waren in diesem komplizierten Fall die erfolgsentscheidenden Faktoren. Die Machbarkeit entschied sich an vielen räumlichen und technischen Details. Klaus Engel resümiert: „Trotz des Aufwandes beim Engineering, der Koordination mehrerer Partner und eines Einbringungsprozesses mit vielen komplizierten Zwischenschritten gelang eine termingenaue Realisierung des Projektes, inklusive Baustellenvor- und -nachbereitung, innerhalb von vier Tagen.“

SCHOLPP ist Spezialist für detailliertes Engineering und komplizierte Einbringungsszenarien
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Kurzübersicht
Kunde:

Lautec GmbH, Philippsburg

Branche:

Anlagenbau

Projektart:

Regionale Projekte

Aufgabe:

Einbringung von zwei großen Behältern für Tiefsttemperaturtechnologie (24,0 t, L 8,75 x H 3,5 m und 85,0 t, L 18,7 x H 4,70 m)

Eingesetzte Technik:

Autokran, Tieflader mit Kesselbrücke, Schwerlast-Selbstfahrer (SEFIRO SMPT), hydraulische Heber

Besonderheiten:

Engineering für technische Sonderlösung mit Kesselbrücke aufgrund extrem schmaler Hallengeometrie, keine Möglichkeit zum internen Aufstellen mit Kran und Hubgerüst, Einsatz von Schwerlast-Selbstfahrern und hydraulischen Hebern

Ansprechpartner:

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